NEW YORK CITY


New York ist eine Stadt der Widersprüche und harten Kontraste und damit vielleicht trotz ihres langsamen kulturellen Abstiegs ein Abbild unserer Zeit?

 

New York im Winter kann grau sein und kalt. Minus fünf, minus zehn Grad, alle tragen gleich mehrere Jacken und huschen geduckt von der U-Bahn ins nächste Gebäude, versuchen nicht auf gefrorenen Pfützen auszurutschen. Kaum einmal schaut man sich in die Augen. New York ist eine schnelllebige Stadt. Menschen kommen hierher auf der Suche nach dem “Amerikanischen Traum”, nach Erfolg und Anerkennung. Auch die harschen Minustemperaturen vermögen das energische Hin und Her in den Häuserschluchten zwischen den imponierenden Wolkenkratzern nicht zu stoppen.

Im Schnee lebt New York auf

Es ist beeindruckend wie wenig wir Menschen uns dem Einfluss der Natur entziehen können. Selbst inmitten einer Betonwüste wie New York City findet die Natur immer einen Weg uns daran zu erinnern wie sehr wir von ihr abhängen. Schon Tage vor Ankunft eines Schneesturms macht sich die Stadt bereit. Schneeraupen bringen sich in Position, Außenbereiche werden gesichert, Streusalz wird strategisch positioniert, dem Arbeitgeber wird mitgeteilt, dass es zu Verspätungen kommen kann – wenn nicht gleich ein ganzer Tag freigenommen wird – und Autos werden wenn möglich in Tiefgaragen geparkt.

Einem ausgewachsenen nordatlantischen Schneesturm hat auch New Yorks Energie nichts entgegenzusetzen. Während draußen bei -10°C die Stadt unter 15cm Schnee versinkt, machen es sich die New Yorker drinnen gemütlich.

Aber nicht für lange.

Kaum ist der Sturm vorbei strömen die New Yorker in Massen in die zugeschneiten Parks und Uferpromenaden der Stadt. “Snow day” heißt es dann. Gut eingepackt werden Skis und Schlitten in den Central Park getragen, Schneeengel und Schneemänner entstehen an allen Ecken und die Menschen genießen die relative Stille, die die dicke Schneedecke in der sonst so hektischen Stadt gewährt.

Das Zuhause des American Dreams

New York ist das Zuhause des American Dreams – jeder kann angeblich vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen. Glitzernde Wolkenkratzer mit Penthouses, die hunderte Millionen US$ kosten schweben über den Köpfen eines jeden, der sich durch die Häuserschluchten schlägt. Konstante Erinnerungen, dass zwischen einem selbst und einem schicken Apartment hoch über dem Chaos der Stadt laut der Logik des Kapitalismus nur die richtige Menge Anstrengung steht. Von oben gesehen ist New York tatsächlich atemberaubend. Wolkenkratzer so weit das Auge reicht, fast wie ein Raumschiff. Weder der Gestank des nicht abgeholten Mülls, noch die immer größer werdenden Sicherheitsprobleme reichen so weit hoch. Sogar der Lärm kommt nur gedämpft an, als käme er aus einer anderen Welt.

 

Die Schattenseite

Nicht für jeden geht der Amerikanische Traum in Erfüllung. Tief unter den Penthouses und Multimillionendollar-Lofts, sogar noch weit unter den Wohnungen, die die Mittelklasse für über 1800,00 US$ im Monat anmietet, findet man New Yorks Unterwelt – die Kehrseite des Amerikanischen Traums und die andere Seite der Motivation, die unsere kapitalistische Weltordnung antreibt. Nicht nur die rosige Hoffnung auf mehr hält unsere Welt am Laufen. Für weit mehr Menschen ist es schlicht die Angst vor dem nichts.

New Yorks Unterwelt

In Europa ist dieses “nichts” ein elendes Leben von Almosen vom Staat, die hinten und vorne nicht reichen. In den USA, dem Land aus dem die Idee der unbehinderten Marktkräfte kommt, ist das “nichts” allerdings tatsächlich das: nichts. Kein Sozialstaat, keine Krankenversicherung, keine Unterstützung irgendeiner Art. Wer es nicht selbst schafft endet in der Unterwelt von New York, flüchtet sich vor der klirrenden Kälte in die Schächte und Tunnel der U-Bahn und hofft auf Almosen von Passanten – wenn genug Kraft da ist, dafür zu betteln.

New York ist genau so horizontal gestaffelt, wie die Welt, die nach dem Ebenbild dieser Metropole errichtet wurde. Ein paar wenige schaffen es ganz nach oben, leben is Saus und Braus und geben jeden Tag mehr Geld aus, als eine ganze Familie anderswo in einem ganzen Jahr. Die meisten anderen jedoch, raffen sich ein Leben ohne Komfort und ohne Würde zusammen, in der Unterwelt, die die Maschinerie am Laufen hält und doch weit ab ist vom Blick derjenigen für die sogar Straßen zu mondän sind. In New York fliegt man im Helikopter von Penthouse zu Penthouse – wenn man es kann.

Die Supermacht von gestern?

Wer durch die USA reist – insbesondere diejenigen, die auch andere Orte kennen – kommt nicht umhin den bedauerlichen Zustand der Infrastruktur zu bemerken. Die U-Bahn, die Unterwelt in der die Abgehängten und Mittellosen hausen, funktioniert, ist aber keine schöne Erfahrung. Ratten überall, alte, heruntergewirtschaftete Züge, es stinkt und zieht, Dreck und Schmutz überall, ein chaotisches System bei dem man teilweise über 15 Minuten auf den Zug warten muss. Kein Vergleich zur London Underground, bei der man quasi direkt in die U-Bahn hineinläuft, so oft fahren sie, oder zu den glitzernden neuen Zügen in Neu-Delhi, Sao Paulo und Addis Ababa.

Sogar der Zug nach Washington, der die politisch mächtigste Stadt der Welt mit der US-Wirtschaftsmetropole New York verbindet, ist verrostet und braucht über drei Stunden, um die knapp 360km zwischen den beiden Städten zurückzulegen. In China braucht der Zug zwischen Peking und Shanghai knapp genauso lang – aber für eine Strecke vier mal so lang wie die zwischen New York und Washington.

Die USA wirken ein bisschen abgehängt und aus dem letzten Jahrhundert. Die Infrastruktur veraltet, das politische System verhärtet, aber die Amerikaner haben es nicht nicht gemerkt.

Was bedeutet es zu “reisen”?

 

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Reisen ein teures und zudem potentiell lebensgefährliches Unterfangen war. Ein Privileg der wenigen, die sich hinauswagten, um die Welt zu studieren. Heute scheint Reisen dazu verkommen zu sein berühmten Instagram-Fotos nachzustellen und die immer selben Orte zu besuchen, ohne sie zu verstehen.

Ist es nicht seltsam, dass New York City – eine der dynamischsten und interessantesten Städte der Welt – dutzende und ständig neue Angebote entwickelt, um Touristen zu unterhalten? Die Aussichtspunkte auf den Hochhäusern wie Rockefeller Center, Empire State Building oder dem Freedom Tower machen ja noch Sinn. Aber ein Bällebad in silbernen Luftballons in einem Wolkenkratzer, das M&M-Land oder der Disneyladen am Times Square, verspiegelte Aufzüge? Bietet die Stadt nicht genug interessantes?

Wer möchte kann in New York jeden Tag mit Leichtigkeit weit über 300,00 US$ ausgeben. Teure Hotels, teure Restaurants und die übliche Touristenbespaßung. Persönlicher Fotograf gefällig, der einem hektisch von einem Touristenhighlight zum anderen scheucht und am Ende mit einer Auswahl an perfekt inszenierten Fotos für die Social Media aufwartet? Es scheint heutzutage wichtiger zu zeigen wo man ist, als zu erleben wo man ist.

New York zu Fuß

Die beste Art eine neue Stadt zu erkunden ist immer noch zu Fuß. Das ist umsonst, bringt einem in Kontakt mit den Menschen und Szenen und hält sogar noch fit – auch bei -10 Grad.

Die meisten Sehenswürdigkeiten sind in Clustern relativ nah beieinander. Nah genug, zumindest, um alles in einem Spaziergang von einem Tag zu sehen, mit reichlich Zeit für Essen, im Café sitzen oder Pausen machen.

Route 1: Central Park bis Mid-Town

Route 2: Südliches Manhattan bis Brooklyn

Zu Fuß erlebt man was in der Stadt vor sich geht, bekommt ein Gefühl dafür wie die Stadt funktioniert und trifft Menschen.

New Yorks U-Bahn ist eine Erfahrung um die man ohnehin nicht drumherum kommt.

New Yorks Parks

New York ist weit mehr als nur eine endlose Wüste von Hochhäusern und Beton. Überall gibt es offene Flächen und Parks – nicht nur den berühmten Central Park. Wie kaum eine andere Stadt versteht es New York Geschichte und Freizeit in seinen öffentlichen Flächen miteinander zu verweben. Aus alten Lagerhäusern werden Läden, aus den Gerätschaften der Schwerindustrie werden Skulpturen und aus ehemals ungenutzten Landstrichen an der Küste werden gemütliche Oasen inmitten des Großstadtchaos in denen die Geräuschkulisse mehr vom Rauschen des Meeres und dem Schreien der Möwen bestimmt wird, als von dem Lärm der Autos.

The Highline

Zweifelsohne unter den besten Parks von New York ist die Highline, eines der schönsten Beispiele von intelligenter Stadtplanung weltweit. Aus einer nicht mehr genutzten Straßenbahnüberführung wurde kurzerhand ein über drei Kilometer langer Park über den Straßen von New York. Aussichtspunkte, Pflanzen, Bänke zum Ausruhen und ein beeindruckendes Gewirr aus Architekturstilen auf beiden Seiten, was will man mehr?

Brücken

So toll Parks in New York auch sein mögen, eine Struktur bringt einem noch weiter von der Stadt weg und bietet gleichzeitig die besten Aussichten: Brücken! Wohl kaum eine andere Struktur konzentriert so viel Leben und Aktion wie Brücken – überall auf der Welt. Die Stadteile New Yorks sind auf gleich drei Inseln verteilt, die über atemberaubende Stahl- und Steinbrücken miteinander verbunden sind. Spaziergänger, Jogger, Autos, Züge, Fahrradfahrer, Gassigeher und Aussichtgenießer tummeln sich auf den verschiedenen Ebenen der Brücken, während in der Ferne die bekannten Wolkenkratzer aus der Skyline stechen und dutzende Meter unter einem das Meer rauscht.

New York für Foodies

Wenige andere Städte auf der Welt bieten einem eine größere Auswahl an Speisen aus aller Welt. Von Italienisch bis Indisch, von Chinesisch bis Mexikanisch, ob Fast Food oder Haute Cuisine, Street Food oder Vegetarisch – kaum ein Geschmack, Geruch oder eine Textur wird man in New York vermissen. Mehr als ein Jahrhundert lang und bis heute kommen Menschen aus der ganzen Welt an den Big Apple und bringen ihre Rezepte und Philosophien mit. Manchmal führt das sogar zu einmaligen Mischungen wie dem chinesisch-kubanischen Restaurant am Central Park. Das muss auch alles gar nicht teuer sein. Vegetarisches indisches Streetfood im Tante Emma Laden um die Ecke für 2 US$? Ein-Dollar-Pizza auf die Hand? Mit einem Cream Cheese Bagel in den Tag starten? Alles kein Problem.

Ist es nicht das was eine Reise ausmacht? Einen Eindruck von, ein Gefühl für den Ort zu bekommen? Etwas zu sehen und zu lernen? Sich zu verlaufen und zu verirren, weil man nur so an jeder Straßenecke etwas Neues entdecken kann?

 

New York & Washington

26.01. - 03.02.2022